Trainingsaufbau

Begrüssung/Einstimmung

Jedes Karatetraining beginnt und endet mit einem festgelegten Zeremoniell. Für die Durchführung ist der Sempai, also der älteste und erfahrendste anwesende Schüler im Dojo verantwortlich. Nachdem alle Schüler nach seiner Anweisung in einer Reihe Aufstellung genommen haben und den Lehrer mit einer Verbeugung im stehen begrüsst haben, beginnt das Training mit der Mokuso genannten Konzentrationsübung im traditionellen japanischen Kniesitz Seiza. Die Augen werden dabei entweder ganz geschlossen oder sind halb geschlossen auf einen Punkt etwa einen Meter vor dem eigenen Körper gerichtet. Die Aufmerksamkeit ist nach innen gerichtet, auf die Atmung. Den Gedanken, die einem durch den Kopf gehen, darf man weder nachgehen, noch sie bewusst unterdrücken. Mokuso soll den Kopf freimachen und unsere Konzentration auf den Augenblick lenken. Im Kampf ist diese Geisteshaltung unbedingt erforderlich. Der Sempai beendet die Übung nach einer angemessenen Zeit (mindestens 2 Minuten). Anschliessend wird sich vor den Meistern der Vergangenheit und der Tradition verbeugt. Dann erfolgt eine Verbeugung vor dem Lehrer, die dieser erwidert. Nachdem der Lehrer aufgestanden ist, erheben sich nach Aufforderung durch den Sempai die Schüler es wird sich noch einmal im Stehen untereinander verbeugt.   

Erwärmung

 
Es folgen gymnastische Übungen, die den Kreislauf in Schwung bringen sollen und die Muskulatur auf die bevorstehende Belastung vorbereiten sollen. Diese sollten nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten aufgebaut sein und insbesondere extreme Bewegungen sollten vermieden werden. Am Ende der Erwärmung sollte jeder etwas Schwitzen, aber auf keinen Fall bereits ausgepowert sein. Karatetechniken werden hier noch nicht geübt, vielmehr soll die Gymnastik auf diese vorbereiten. 
 

Dehnung

Ist die Muskulatur erwärmt, so können Dehnübungen zur Steigerung der Flexibilität eingebaut werden. Die Übungen sollen uns beweglich erhalten und dem Körper optimale Bewegungsabläufe in den Karatetechniken ermöglichen. Es ist aber keineswegs erforderlich oder auch nur erstrebenswert, einen "Spagat" zu erreichen oder andere Wunderleistungen zu vollbringen. Viele Dehnübungen können auch mit Unterstützung durch einen Partner durchgeführt werden, was die Wirksamkeit noch erhöht. Dehnübungen können auch während oder aber am Ende des Trainings durchgeführt werden, entscheidend ist nur, dass der Körper dazu noch aufgewärmt sein muss.   

Trainieren

Nach den vorbereitenden Übungen beginnt das eigentliche Training. Dabei sollte die Intensität langsam zunehmen. Im Anfängerbereich besteht dies meist zunächst aus Kihonübungen, also der Schulung einzelner Bewegungen. Hier werden die grundliegenden Stellungen geübt. Es folgt meist der gerade Fauststoss (Choku-zuki), später die grundliegenden Abwehrtechniken (Uke-waza) und der gerade Fusstritt nach vorne (Mae-geri). Die Techniken werden auf Zählzeit des Lehrers (natürlich in japanisch) ausgeführt und in Serien von 10 Techniken wiederholt. Ist die Basis im Kihon gelegt, kann mit dem Katatraining angefangen werden. Bei der Kata sind mehrere Karatetechniken in einer festgelegten Form verbunden. Erste Kata ist l Heian Shodan. Die Kata wird dabei Schritt für Schritt aus den einzelnen Bewegungen zusammengesetzt bis alle hintereinander ausgeführt werden können. Mit zunehmenden Fortschritt können andere Kata erlernt werden, im Bereich der unteren Graduierungen sind dies zunächst die fünf Heian-Kata. Ist ein Grundmuster in den Bewegungen vorhanden, wird beim Kumite die Übung der Techniken mit einem Partner erprobt. Begonnen wird dabei mit festgelegten Angriffs - und Abwehrabfolgen im Gohon - Kumite (Fünfschrittkampf). Die Techniken werden dabei kurz vor dem Ziel abgestoppt. Der freie Kampf kommt erst sehr viel später und sollte den höheren Gurten vorbehalten sein.   

Kihon

Die erste Erfahrung in unserem Dojo beginnt mit dem Kihon-Training (Grund­schule).
Im Kihon lernt der Karateschüler ohne Partner verschiedene Abwehr- und Angriffs­techniken auszuführen.
Eingesetzt werden hierzu verschiedene Teile der Arme, wie Fäuste, Ellbogen, Handkanten und Fingerspitzen, aber auch die Füsse, Beine und die Knie werden benutzt. Besonderen Wert wird auf einen korrekten Stand, auf Gleichgewicht und Atmung gelegt.
Die Erlernung und Verbesserung der Techniken hat erste Priorität, um sie später in Kata und Kumite anzuwenden.

In Verbindung mit der Technik werden auch verschiedene Stellungen trainiert, der richtige Einsatz der Hüfte und die höchstmögliche Konzentration von Kör­per und Geist auf eine Technik.

Kata

Kata bedeutet Form oder Gestalt und bezeichnet die stilisierte Form eines Kampfes gegen einen oder mehrere reale oder imaginäre Gegner, bei der Verteidigung, Angriffe und Ge­genangriffe in festgelegter Abfolge und Ausführungsart geübt werden.
Im traditionellen Shotokan Karate gibt es 27 verschiedene Katas.
Getreu dem Grundsatz: "Es gibt keinen ersten Angriff im Karate", beginnen alle 27 Kata mit einer Abwehr.
Darf ein Schüler eine Prüfung ablegen, muss er im Stande sein, eine festgeschriebene neue Kata vorzuführen. Ein Schwarzgurt muss mindestens die ersten zehn Shotokan- Katas beherrschen.
Nach einer gewissen Anzahl von Jahren sollte ein Karateka seine Studien auf die Bunkai (oder Kaisetsu) der einzelnen Kata ausweiten. Das bedeutet, dass die Kata aufgegliedert, analysiert und studiert wird. Ziel ist es, dass ein Karateka zusammen mit einem Partner demonstrieren kann, wozu die einzelnen Techniken einer Kata eingesetzt werden können. Meistens gibt es dabei mehrere Möglichkeiten.
Die Anwendungsform einer partnerlos ausgeführten Kata mit einem Partner wird Bunkai oder Kaisetsu genannt.
Wenn eine Kata aus mehreren Katas ausgewählt werden darf, so bezeichnet man diese als Sentei-Kata. Eine vorgeschriebene Kata heisst auch Shitei-Kata (Pflicht). Eine frei wählbare Kata heisst auch Tokui-Kata (Kür).
Katas werden auch in Wettkämpfen durchgeführt, bei denen die Darbietungen jeweils von Kampfrichtern bewertet werden.

Kumite

Das dritte Trainingselement in unserem Dojo ist das Kumite.
Im Kumite werden die im Kihon erworbenen Fähigkeiten mit dem Partner geübt und um­gesetzt.
Der Karateka soll lernen, im richtigen Moment die richtige Technik auszuführen. Dazu ge­hört neben der Wahl der korrekten Distanz ein hohes Mass an Konzentration, damit die Technik kontrolliert ausgeführt werden kann, und der Partner nicht verletzt wird.
Es gibt verschiedene Kumitearten, welche an das Trainingsniveau der Schüler angepasst sind.
Die Kumitearten reichen von der einfachsten Kumiteform, dem Gohon Kumite (Fünfschritt-Partnerübung in Grundstellung) bis zum Jiyu Kumite (Freikampf). Dazwischen gibt es viele verschiedene Stufen, die den Schüler von der Grundform bis zum Freikampf geleiten.
Wichtig beim Kumite ist zu verstehen, dass mit einem Partner der Kampf geübt und nicht gegen einen Gegner gekämpft wird. Insofern soll sich der Respekt vor dem Trainingspart­ner entwickeln, und die Verletzungsgefahr unterbunden werden.
Die Reihenfolge der Kampfformen, wie sie eingesetzt werden, um die Technik der Schüler zu verbessern, sieht wie folgt aus:
Gohon Kumite (Fünfschritt-Partnerübung in Grundstellung)
Sanbon Kumite (Dreischritt-Partnerübung in Grundstellung)
Kihon Ippon Kumite (Einschritt-Partnerübung in Grundstellung)
Jiyu Ippon Kumite (Einschritt-Partnerübung in Kampfstellung)
Okuri Ippon Kumite
Kaeshi Ippon Kumite
Jiyu Kumite (Freikampf)

Abwärmen

Nach dem oft anstrengenden Hauptteil des Trainings sollte eine Abwärmphase folgen, bei der der Kreislauf langsam auf Ausgangniveau zurücksinken kann. Hierher gehören leichte Dehn- und Lockerungsübungen sowie Atemübungen.   

Abschluss

 
 
Der Abschluss des Trainings ist mit dem Anfang identisch. Es wird noch einmal die Konzentrationsübung Mokuso durchgeführt.